Die Perversion von Politik und Kunst

CDU, AfD und Bauhaus wollen nicht, dass Feine Sahne Fischfilet in Dessau auftritt. Nicht weiter schlimm. Dramatisch aber ist das Missverständnis, das dem zugrunde liegt.
Feine Sahne Fischfilet: Jan "Monchi" Gorkow, Sänger der Band Feine Sahne Fischfilet aus Mecklenburg-Vorpommern
Jan „Monchi“ Gorkow, Sänger der Band Feine Sahne Fischfilet aus Mecklenburg-Vorpommern © Daniel Karmann/dpa

Nun sage noch jemand, die deutsche Popmusik sei unpolitisch geworden oder habe keine Erkenntnisse mehr zur politischen Lage zu stiften. Das Gegenteil ist der Fall, nirgendwo gelangt die politische Lage so früh, so deutlich und unmittelbar zur Erscheinung wie im Pop. Falls jemand beispielsweise noch geglaubt haben sollte, dass es im Deutschland des Jahres 2018 eine unüberbrückbare Kluft zwischen dem bürgerlichen Konservatismus und der Neuen Rechten gibt, dann zeigt die Gruppe Feine Sahne Fischfilet das Gegenteil auf: So wie sie beide in der Aggression gegen sich eint, demonstriert sie die Geistesverwandtschaft von CDU und AfD. Jetzt wieder in Sachsen-Anhalt, wo offenbar auf politischen Druck ein Konzert von Feine Sahne Fischfilet im Bauhaus in Dessau verboten wurde.

Dagegen ist grundsätzlich nichts einzuwenden. Niemand hat ein Recht darauf, im Bauhaus in Dessau aufzutreten, auch nicht Feine Sahne Fischfilet. Es handelt sich um eine Institution, in deren Stiftungsrat sich die politischen Mehrheitsverhältnisse im Land widerspiegeln. Und wenn die politische Mehrheit im Land sich für die Einschränkung der künstlerischen Freiheit ausspricht, dann haben alle Menschen, denen die künstlerische Freiheit am Herzen liegt, ja die Möglichkeit, bei den nächsten Landtagswahlen die politischen Mehrheitsverhältnisse zu ändern. Bis dahin bieten sich auch einer Band wie Feine Sahne Fischfilet immer noch genügend andere Auftrittsmöglichkeiten, auf die CDU und AfD keinen direkten Zugriff haben.

Dennoch ist interessant, wie das Bauhaus seine Entscheidung begründet. Das Konzert von Feine Sahne Fischfilet habe man abgesagt, weil „politisch extreme Positionen, ob von rechts, links oder andere … am Bauhaus Dessau keine Plattform“ finden sollten, heißt es in der Pressemitteilung. Auf welchem Weg man zu der Einschätzung gelangt ist, dass es sich bei Feine Sahne Fischfilet um eine „politisch extreme“ Band von „links“ handelt, wird nicht erläutert. Als „linksextrem“ gilt nach Definition des Amtes für Verfassungsschutz jeder, der „die bestehende Staats- und Gesellschaftsordnung“ überwinden und stattdessen „ein herrschaftsfreies oder kommunistisches System“ errichten möchte. Dieses Vorhaben kann man aus dem musikalischen Werk der Band nicht herauslesen. Sollte die Stiftung Bauhaus über neue Quellen und Informationen verfügen, so wäre es nützlich, wenn sie diese öffentlich machen könnte.

Seit Bekanntgabe des Auftrittsverbots haben viele Menschen in den sozialen Netzwerken ihre Zustimmung bekundet. Dies geschah meist mit der Begründung, dass Feine Sahne Fischfilet zu Gewalt gegen Polizisten aufrufe und vom Verfassungsschutz beobachtet werde. Korrekt ist, dass die Band zwischen 2011 und 2014 viermal im Verfassungsschutzbericht auftauchte, wegen vermeintlich staats- und polizeifeindlicher Passagen im Lied Staatsgewalt aus dem Jahr 2009. Darin erzählt der Feine-Sahne-Fischfilet-Sänger Jan „Monchi“ Gorkow davon, wie er auf einer friedlichen Demonstration von der Polizei grün und blau geprügelt wird, weil er eine Meinung verkündet, die den Polizisten nicht passt; und wie er daraus eine Rachefantasie entwickelt: „Was ihr könnt / können wir schon lange / Die Bullenhelme, die sollen fliegen / Eure Knüppel kriegt ihr in die Fresse rein.“ Dieser Vergeltungswunsch ist fraglos abzulehnen und der damit verbundene Antifa-Straßenkämpfer-Maskulinismus mindestens unangenehm. Gleichwohl handelt es sich um eine gesungene Passage in einem Lied, das wesentlich gerade nicht von Gewaltwünschen handelt, sondern von einem Ohnmachtsgefühl.

Seit wann ist Kunst 1:1 zu nehmen?

Man kann solche Fantasien zweifellos als realen Selbstermächtigungsaufruf interpretieren. Das geht aber nur dann, wenn man zugleich der Ansicht ist, dass es zwischen einem künstlerischen Ausdruck und einer politischen Aussage keinen Unterschied gibt; dass also alles, was in einem Lied oder auf einer Konzert- oder Theaterbühne geäußert wird, eins zu eins zu verstehen ist. Würde man diesem Argument folgen, müsste man beispielsweise auch sämtliche Auftritte des Rappers Sido verbieten, der in seinem Arschficksong auf drastische Art erzählt, dass er sexuelle Lust nur beim schmerzhaften Quälen von Frauen zu empfinden vermag. Sido trat im Jahr 2016 im Bauhaus in Dessau auf, ohne dass der Stiftungsrat, die CDU oder die AfD irgendeinen Protest dagegen erhoben hätten.

Viele Debatten der jüngeren Zeit, in denen das Verhältnis von Pop und Politik zur Sprache kam, umkreisten das Problem der Ambivalenz. Etwa wenn es darum ging, ob ein Rapper wie Kollegah seine antisemitischen und sexistischen Texte tatsächlich so meint, wie er sie äußert, oder ob es sich dabei nicht um ein „Rollenspiel“ handelt. Selbst bei scharfer Kritik an solchen reaktionären Figuren wurde die Möglichkeit der Ambivalenz, des Nicht-so-gemeint-seins, doch immerhin abgewogen. Bei der Kritik der Neuen Rechten an Feine Sahne Fischfilet wird diese Möglichkeit von vornherein ausgeschlossen. Für sie steht außer Frage, dass hier alles genauso gemeint ist, wie es gesagt wird. Darin – und das ist das eigentlich Interessante an diesem Fall – zeigt sich eine generelle Verkehrung von Ästhetik und Politik auf der Seite der Neuen Rechten.

Zu deren typischen und hinlänglich analysierten rhetorischen Mustern zählt ja gerade der strategische Gebrauch von Ambivalenzen, das Wechselspiel aus Provokation und Relativierung: Man sagt etwas, über das sich alle aufregen, und behauptet hinterher, es sei „alles nicht so gemeint“ gewesen. Dieses Muster stammt seinerseits natürlich aus dem Feld des Ästhetischen. Eigentlich ist die Kunst ja der Bereich des Lebens, in dem „alles nicht so gemeint“ ist, wie es erscheint. Auch Feine Sahne Fischfilet könnten dies für ein Lied wie Staatsgewalt in Anspruch nehmen. Es wird ihnen aber nicht zugestanden, und das nicht nur aus einem kurzfristig politischen Kalkül, sondern aus strukturellem Grund. So wie die Neuen Rechten die Politik ästhetisieren und mit kalkulierten Mehrdeutigkeiten durchsetzen – so wollen sie umgekehrt der Kunst jedes Recht auf Nicht-so-gemeint-sein entziehen. Es gehört zum Wesenskern dieser politischen Ideologie, dass sie die  Hoheit über die Ambivalenzproduktion absolut für sich allein beansprucht. Ästhetische Gegenstände kommen in diesem Weltbild nur noch als Medium zur Verbreitung eindeutiger politischer Botschaften vor.

Dieser Umstand wurde uns durch das Bauhaus Dessau jetzt noch einmal in dankenswerter Klarheit vor Augen geführt. Klar ist aber auch, dass in einer Gesellschaft, in der die Ästhetisierung der Politik und die Entästhetisierung der Kunst zum Abschluss gelangt, eine ästhetische Institution wie das Bauhaus kein Daseinsrecht mehr besitzt.

Wolf Haas: Warum lieben wir Krimis? | ZEIT ONLINE.

Warum lieben wir Krimis?

Keiner erzählt kunstvoller vom Bösen als der Bestseller-Autor Wolf Haas. Wie man Leser süchtig macht, erklärt er in einem Gespräch. Interview:  und

Wolf Haas: Kultur, Wolf Haas, Kriminalroman, Schriftsteller, Österreich

Der Schriftsteller Wolf Haas  |  © dpa

Es ist erstaunlich: Inmitten von Kriegen und Krisen erlebt Deutschland die friedlichste Phase seiner Geschichte, aber in den Buchläden und Fernsehprogrammen herrscht ein großes Morden. Der Krimi-Boom hat absurde Ausmaße angenommen. In Deutschland sehen sonntags bis zu zwölf Millionen Menschen den Tatort, jede Stadt, die auf sich hält, will ihren eigenen Fernsehkommissar, jedes Mittelgebirge hat seine spezielle Regionalkrimi-Reihe. Warum ist das so? Wir wollen über Krimis reden – und zwar mit dem wohl besten deutschsprachigen Autor, den es auf diesem Gebiet gibt: Wolf Haas. Der Österreicher hat das Genre in den vergangenen Jahren klug durchschaut, hinterlistig persifliert und lustig erneuert.

Haas ist, auch wenn man es nicht gleich merkt, ein großer Dichter, es lieben ihn das Feuilleton wie das Massenpublikum. Seine acht Kriminalromane um den Privatdetektiv Simon Brenner bestehen scheinbar aus bizarren Abschweifungen und Lebensweisheiten, die ein schwatzhafter Erzähler den Leserinnen und Lesern im Ton äußerster Vertraulichkeit zusteckt. Wer ein paar Seiten von Haas gelesen hat, begreift, dass da ein Menschenfreund und Humorist am Werk ist. Die Gemeinde seiner Leser wächst stetig, seine Sprache kann süchtig machen, auch die Literaturnobelpreisträgerin Elfriede Jelinek bekennt sich zu dieser Sucht. Drei Brenner-Romane sind bisher verfilmt worden, stets mit dem Schauspieler und Kabarettisten Josef Hader in der Rolle des Simon Brenner. Die vierte Verfilmung, Das ewige Leben, kommt in dieser Woche in die Kinos.

Wir treffen uns mit Wolf Haas in Wien. Als Begegnungsort schlug er das Gasthaus Wild am Radetzkyplatz vor. Haas hat einen Tisch im hintersten Winkel des Schankraums bestellt. Der Lärmpegel ist hoch, die Schwingtüren zur Küche sind pausenlos in Bewegung. Von seinem Stuhl erhebt sich ein hochgewachsener Mann von 54 Jahren.

DIE ZEIT: Herr Haas, warum dieses laute Lokal? Wollten Sie uns nicht in Ihre Wohnung führen?

Wolf Haas: Ich dachte immer, das ist das Kriterium für die allergrößten Schriftsteller-Nutten, die alles mitmachen: Journalisten in die eigene Wohnung zu lassen. Außerdem hätte ich ungefähr eine Woche aufräumen müssen.

ZEIT: Wir stellen uns das so vor, dass bei Ihnen daheim eine Frau und fünf Kinder sitzen, die nicht zum lonely wolf-Image passen, das Krimi-Autoren ansonsten pflegen.

Haas: Nein, ich wohne allein. Aber es ist tatsächlich so, wenn man Journalisten zu sich nach Hause einladen würde, ginge es sofort los mit der Selbstkontrolle: Wie wirkt dies? Wie wirkt das? Soll ich vielleicht dieses Buch vorher wegwerfen? (lacht) Fragen Sie nicht, welches Buch?

ZEIT: Doch.

Haas: Was ist das peinlichste zurzeit? Fifty Shades of Grey?

ZEIT: Das haben Sie zu Hause rumliegen?

Haas: Nein! Aber es würde mich interessieren …

ZEIT: Ist es nicht langweilig, allein zu leben?

Haas: Manchmal ist es langweilig, aber ich lebe ja an meinem Arbeitsplatz, und da hat das Singledasein große Vorteile. Ich steh auf und fang an zu arbeiten. Ich muss mir nicht überlegen, ob ich vorher duschen soll, weil ich sonst eine Zumutung für meine Mitbewohner wäre oder so.

ZEIT: In Ihren Kriminalromanen gibt es einen namenlosen Erzähler, der dem Protagonisten Simon Brenner überallhin folgt, zu allem eine Meinung hat und den Leser direkt anspricht …

In Haas’ Roman „Das ewige Leben“ schwafelt dieser Erzähler beispielsweise über die Frage, ob man Frauen besser mit einem Barbesuch oder einem Kinobesuch verführt: „Du musst wissen, der Brenner ist irgendwann als junger Mann draufgekommen, dass bei den Frauen, also bei den damaligen Frauen muss ich sagen, ein Problemfilm eine weitaus bessere Wirkung gehabt hat als zum Beispiel ein richtiger Film. Manche waren nach einem dreistündigen Problemfilm sogar zugänglicher als nach einem dreistündigen Barbesuch, und da ist die Kinokarte ja wesentlich billiger gekommen. Einziger Nachteil, dass der Brenner oft nach einem Problemfilm selber keine rechte Lust mehr gehabt hat und noch einen doppelt so langen Barbesuch gebraucht hat, um den Problemfilm zu vergessen.“

ZEIT: … wie bringen Sie diesen speziellen Ton zustande? Diese Mischung aus Bescheidwissen und Naivität? Muss man sich beim Schreiben in diesen Erzähler verwandeln – wie ein Schauspieler in seine Figur?

Haas: Ja, ich versetze mich schon in diesen fiktiven Menschen. Bei Fotos von Lesungen fällt mir auf, dass ich immer ganz fremd ausschaue und ein leicht idiotisches Gesicht mache – wie ein Darsteller.

Orhan Pamuk über eine Begegnung mit Anselm Kiefer.

Orhan Pamuk und Anselm Kiefer Im Pinselstrich lesen

Im Werk von Anselm Kiefer sind Bücher und Texte heilig. Mich erinnert ihr Anblick stets an meinen ersten Berufswunsch: Maler. Ein Atelierbesuch, ein Abendessen, ein Anliegen: ein Gastbeitrag.

05.04.2015, von Orhan Pamuk

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© Orhan Pamuk Vergrößern Ein Selfie: Künstler und Schriftsteller im Atelier

Manche jetzt ausgestellten Bilder hatte ich schon bei einem Besuch von Anselm Kiefers Atelier in der Nähe von Paris gesehen. Was ich nun empfinde, wenn ich sie wieder betrachte, vermischt sich mit meinen Erinnerungen an jenen Tag im Mai 2014. Seit jeher gehört das Malen für mich zur Vorstellung von dem glücklichen Leben, das ich eines Tages einmal führen würde.

Zwischen meinem siebten und meinem zweiundzwanzigsten Lebensjahr wollte ich Maler werden und verbrachte in meiner Jugend mit dem Zeichnen und Malen sehr viel Zeit. Von meiner Familie wurde ich darin unterstützt. Man stellte mir sogar eine mit alten Möbeln vollgestellte Wohnung als Atelier zur Verfügung. Ja, eines Tages würde ich ein berühmter Maler sein.

Zwanzig Jahre später hatte dieser Traum sich nicht erfüllt. Ich schrieb stattdessen in Istanbul Romane. Aber immer noch kündete mir die Malerei von einem später einmal eintreffenden Lebensglück.

Der Wunsch, alles auf einmal auszudrücken

Als ich in den achtziger Jahren die herrlichen Werke eines so bedeutenden Malers wie Anselm Kiefer entdeckte, empfand ich immer wieder Neid und Reue bei dem Gedanken an ein Leben, das ich eigentlich hätte leben sollen und doch verpasst hatte. Zugleich keimte in mir die Einsicht, dass ich diese Art von glücklichem Leben gar nicht hätte haben können. Wie ich aus den großen, starken Bildern Kiefers ersah, bestand Malerglück nicht nur, wie in Kindheit und Jugend gedacht, aus purer Vorstellung und Träumerei. In die geheimnisvolle Gleichung, die man Kunst nennt, spielen auch ein energischer Pinselstrich und das kraftvolle Werken eines ganzen Malerkörpers hinein. Mit meinem eigenen Körper, meinen Schultern, Armen und Händen hätte ich solche Bilder nicht hervorbringen können. Die Vitalität, die aus Anselm Kiefers Bildern sprach, half mir ein wenig, diese bittere Wahrheit zu akzeptieren.

Große Anselm-Kiefer Ausstellung © José Alvarez/Editions du Regard Vergrößern Blick in Anselm Kiefers früheres Atelier in Barjac

Dennoch verfolgte mich noch über Jahre hinweg wie eine Sünde, die man zu verdrängen sucht, das vage Ansinnen, einmal jemand wie Anselm Kiefer zu werden oder wenigstens ein ordentlicher Maler. Zu dieser beglückenden Unruhe trug auch bei, dass Kiefer außer seinen dramatischen Monumentalwerken besonders in der Frühphase auch kleine Hefte mit fotografischen Werken angefertigt hatte, die ihn als einen ganz besonderen Künstler auswiesen, mit dem sich insbesondere auch Schriftsteller und Bücherliebhaber anfreunden konnten. Heftreihen wie „Heroische Sinnbilder“, „Ausbrennen des Landkreises Buchen“ oder „Märkischer Sand“ hatten schon früh den Gedanken in mir geweckt, dass der Wunsch, alles auf einmal auszudrücken, den Menschen unweigerlich zum Buch hinführt.

Heilig durch ihre Beschaffenheit

In Kiefers Werk sind Bücher als solche mindestens ebenso heilig wie die darin enthaltenen Texte. Dieses Gefühl entsteht aus der Art, wie einem bei Kiefer Buchstaben und Worte die Heideggersche „Dinglichkeit“ von Texten vor Augen führen. Jene ersten Bücher sowie die vielen weiteren, die Kiefer sein ganzes Leben lang produziert hat, erinnern genauso wie die später aus Blei- und anderen Metallplatten gefertigten großformatigen Bücherskulpturen den Betrachter daran, dass die Heiligkeit eines Buches nicht nur aus dem Text, sondern auch aus der äußeren Beschaffenheit erwachsen kann. In einem Schriftsteller wie mir erwecken Anselm Kiefers papierene und metallene Bücher sogar den Anschein, als seien Bücher sogar gerade wegen dieser Beschaffenheit heilig.

Kiefers Bücher regen dazu an, sich nicht nur dem zu widmen, was Bücher darstellen und bedeuten, sondern auch zu sehen, wie ihre verschiedenen Strukturen zueinander in Beziehung stehen. So wie man nicht von einzelnen Ziegeln verzaubert wird, sondern von der Wand, die daraus entsteht. Nun hat Kiefer zwar ein Faible für Ziegelmauern und Ziegeleien und bildet auch einzelne Ziegel ab, doch beim Betrachten seiner Bilder nimmt man nicht die Ziegel an sich wahr, ja nicht einmal die ganze Wand als solche, sondern eben gerade jene strukturelle Beschaffenheit. Ob manche Bilder Kiefers nun gerade deswegen so schön sind oder wir vielmehr aus ihrer Schönheit heraus zu solchen Gedankengänge angeregt werden, vermag ich meist nicht zu entscheiden.

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